Nach einer wilden Fahrt mit dem elektrisch angetrieben Trambus in die Innenstadt Lwiws für umgerechnet 20 Cent, trafen wir auf die Ukrainischen Studenten der Ivan Franko National University of Lviv, welche wir schon im Zuge des Vorbereitungsseminars kennengelernt haben. In zwei Gruppen aufgeteilt, begann die geführte „City-Tour“ durch die Ukrainisches Studenten als Local Guides. Ivan erzählt uns, dass die 1661 gegründete
Universität die älteste Universität der Ukraine ist und rund 28.000 Studierende beherbergt. Damals wurde lediglich Theologie, Philosophie, Mathematik, Jura, Medizin und Kunst unterrichtet. Heute jedoch zählt die Universität 16 Fakultäten und über 1500 Lehrende.
Das zwischen 1873 und 1877 erbaute Hauptgebäude, welches ehemals als Galizischer Landtag diente, strahlt eine unglaubliche Atmosphäre aus. Oberhalb der Säulen des Eingangsbereichs stehen die Worte
„PATRIAE DECORI CIVIBUS EDUCANDIS“. Das heißt so viel wie „Gebildete Bürger sind der Ruhm des Heimatlandes“.
Im Treiben von zahlreichen Studenten, Fahrradfahren, Fußgängern, Autos und Trams fühlt man sich, als würde man im Herzen der Stadt stehen.
Weiter führt unser Weg näher ins Zentrum Lwiws, über den Marktplatz, durch administrative Gebäude Lembergs, bis hin zum „Lviv Regional Youth Center“. Nach einem freundlichen Empfang durch den Direktor Шатрук Василь begaben wir uns in einen Sitzkreis in dem Gemeinschaftsraum des Jugendzentrums. Bei traditionellem Kaffee, Tee und Gebäck zeigte Vasyl uns Videos der mit dem Jugenzentrum organisierten Aktivitäten und Events. Darunter besonders ein jährlich organisiertes „Castle Camp“, das etwa 200km von Lviv entfernt in einer alten Burg stattfindet und den Teilnehmern wertvolle Englischkenntnisse vermittelt sowie extrem viel Spaß beschert. Auch zeigte er uns Bilder und Videos von gemeinsamen Reisen und Events. Auf dem Facebook Account des Lviv Youth Center und auf Youtube lassen sich viele Eindrücke über die spannenden Aktivitäten der Initiative gewinnen, die vorwiegend auf Freiwilliges Engagement aufbaut. Schlussendlich durften wir uns noch auf der Wand verewigen, die schon durch viele Motivationssprüche und Unterschriften verziert ist. Ziel ist es, den kompletten Raum beschrieben und bemalt zu haben, eine echt coole Idee für die Gestaltung eines öffentlichen Raumes für Jugendliche, finden wir.
Anschließend hatten wir einen Termin im Geographischen Institut der Universität Lvivs. Der mit 84 Jahren noch sehr jung gebliebene und von Euphorie sprudelnde Lehrstuhlsinhaber der Fakultät Wirtschafts- und Sozialgeographie Oleh Shabliy hielt eine motivierende und gleichzeitig patriarchische Rede über die Mentalität der Ukrainer, Lwiws besonderer geographischer Kreuzlage und die europäische Kultur Lwiws.
Später hatten wir die Ehre, einen äußerst interessanten Vortrag von dem Direktor des City Institute Lviv, Okeksandr Kobzarev, zuzuhören, der am selbigen Morgen noch Kaffee in Italien getrunken hatte. Die Institution ist eine Non-profit-Organisiation und beschäftigt sich mit der Analyse und Lösung von Schlüsselproblemen der Bereiche Unterkünfte, Stadtverwaltung und Wirtschaft. In einem professionellen Team analysieren die Mitarbeiter Probleme und realisieren konkrete Projekte zur Lösung selbiger. Durch internationale Zusammenarbeit konnten Projekte zur Wirtschaftsförderung lokaler Unternehmen, Förderung von Startups sowie Workshops mit der Beteiligung von deutscher und ukrainischer Regierung realisiert werden. Ziel all dieser Projekte ist es, die Lebensqualität in Lviv stetig zu verbessern.
Da das Wetter wieder aufriss, konnten wir den geplanten Aufstieg auf den Rathausturm nun doch noch wahrnehmen. Nach dem Erklimmen von etlichen nicht ganz trittsicher wirkenden Holztreppen, wurden wir jedoch mit einem atemberaubenden Blick über ganz Lemberg belohnt.