Noch vor Sonnenaufgang begann für uns der Tag der Besteigung des Nyiragongos im Virunga Nationalpark, Demokratische Republik Kongo. Überraschenderweise stand das Frühstück pünktlich auf dem Tisch und wir konnten uns gestärkt auf den Weg zum Vulkan machen. Der Nyiragongo ist ein 3477 Meter hoher aktiver Stratovulkan nur wenige Kilometer nördlich der ostkongolesischen Millionenstadt Goma, Der 300 Meter breite Lavasee ist der größte der Welt und macht den Vulkan zu einem beliebten Reiseziel für Touristen. Die Aufstieg zum Kraterrand durch den Virunga Nationalpark wird von bewaffneten Rangern begleitet, die für den Schutz der Gruppe sorgen. Wir hatten das Glück, dass uns zwei Vulkanologen des Observatoire Volcanologique de Goma (OVG), Honore Ciraba und Mathieu Yalire Mapendano begleiteten und uns mit zusätzlichen Informationen zu den vulkanischen Aktivitäten bereicherten. Vor der Besteigung des Vulkans, holten wir diese noch bei der OVG in Goma ab. Dort warteten wir noch circa eine halbe Stunde bis es wirklich Richtung Nyiragongo ging, konnten diesen aber schon einmal von weitem betrachten.
Neben unserer schon recht großen Gruppe von 16 BayreutherInnen, kamen die zwei Vulkanologen und drei weitere Touristen dazu, sodass wir zusammen mit den Rangern und Trägern eine Gruppe von etwa 45 Leuten bildeten.
Entgegen unserem eigenen Gefühl schafften wir den 8 km langen Aufstieg, bei dem knapp 1500 Höhenmeter zu überwinden sind, recht schnell in fünf Stunden. Die Tour ist in fünf Etappen mit jeweils 30 bis 60-minütigen Intervallen gegliedert und begann auf einem Trampelpfad durch dichten Wald, wobei uns der leichte Anstieg nur einen kleinen Vorgeschmack auf die spätere Anstrengung geben sollte. Nach einiger Zeit wurde die Vegetation lichter und der Weg mit Geröll aus Lava, die dem letzten Ausbruch des Nyiragongos entstammt, deutlich holpriger. Die zwei Vulkanausbrüche in jüngster Vergangenheit fanden 1977 und 2002 statt. Besonders der Ausbruch vor 18 Jahren hatte schwerwiegende Folgen für die Stadt Goma, in der zu dieser Zeit etwa 500 000 Menschen lebten. Dabei brach der Nyiragongo nicht durch den Krater aus, sondern seitlich am Vulkan. Unsere erste Pause fand am Ende einer erkalteten Lavazunge von 2002 statt. Diese war zähflüssig, floss sehr langsam und erreichte somit nie die Stadt. Nach diesen ersten Ausbrüchen begaben sich Wissenschaftler auf den Vulkan, um die Aktivitäten zu begutachten. Kurz darauf brach der Vulkan jedoch erneut aus. Weitere Lavaströme, die weitaus flüssiger und somit schneller waren, flossen direkt in die Stadt und zerstörten weite Teile Gomas. 400 000 Menschen flüchteten.
Je näher wir dem Krater kamen, desto steiler und unwegsamer wurde der Aufstieg. Zu der körperlichen Anstrengung kam noch die dünne Höhenluft. Unsere letzte Pause fand bei den ehemaligen Schutzhütten statt, die während der Kongokriege 1997 bis 2002 zerstört wurden und von denen aus wir schon einen Blick auf die neueren Hütten am Krater werfen konnten. Dabei mussten wir unseren Blick aber fast senkrecht nach oben richten denn die letzte Etappe bestand aus einem extrem steilen Abschnitt dessen Überwindung uns durch Regen zusätzlich erschwert wurde. Schon während des Aufstiegs kam uns der Weg sehr gefährlich vor, bestätigt wurde diese Vermutung, als sich ein fußballgroßer Stein am Rand des Kraters löste und den Abhang hinunterschoss. Einige von uns wurden dabei nur knapp verfehlt.
Dennoch erreichten wir alle, wenn auch mit kleinen zeitlichen Unterschieden, den Krater des Vulkans. Schon bei Tageslicht war der Lavasee sehr beeindruckend und entschädigte uns sofort für die Anstrengungen der vergangenen fünf Stunden.
Circa eine Stunde nach unserer Ankunft begaben sich die Vulkanologen mit einigen GEFAs im Anhang auf den Weg, um an verschiedenen Stellen den Austritt von CO2 zu messen. An den Stellen des Vulkans, an denen CO2 austrat, war die Luft deutlich wärmer als am Rest des Kraterrands.
Je dunkler es wurde, desto mehr bekamen wir die Kälte zu spüren. Hinzu kam ein starkes Gewitter, sodass wir uns alle in den Hütten oder in das Zelt unseres Koches Antoine und seines Sohnes Samuel verkrochen. Durch ein herzhaftes Abendessen wurden wir dann allerdings wieder aufgewärmt und konnten uns an einem Feuer ausruhen. Frisch gestärkt begaben wir uns wieder zum Kraterrand und hofften auf einen freien Blick auf den nun in der Dunkelheit leuchtenden Lavasee. Immer wieder durchzogen Wolken den Krater, wodurch die Freude umso größer war, wenn es zwischendurch kurz aufklarte. Nach einigen Stunden und unzähligen Fotos des Lavasees zog sich der Großteil der Gruppe zum Schlafen in die Hütten zurück. Nur eine einzige Person blieb am Krater zurück, um jetzt die besten Aufnahmen präsentieren zu können: Unser Profifotograf Lukas Ebert.
Die gesamte Gruppe stand sehr früh auf, um den Lavasee noch einmal bei Dunkelheit und den anschließenden Sonnenaufgang bewundern zu können. Dieses Mal hatten wir großes Glück und der Blick auf den See war komplett wolkenfrei.
Nach einem kurzen und reichhaltigen Frühstück, das (wie sich später herausstellen sollte) nicht von allen ausreichend in Anspruch genommen wurde, begannen wir den Abstieg. Gerade beim ersten Abschnitt war besondere Vorsicht gefragt, weswegen wir schließlich froh waren, diesen Teil hinter uns zu haben. Dabei wussten wir noch nicht, was später auf uns zukommen sollte.
Wir meisterten den Großteil des Abstiegs relativ zügig, wobei sich schon langsam zeigte, dass einigen Personen der Abstieg doch mehr zusetzte als wir zunächst dachten. Dank der großen Mengen an Fanta und einiger Energieriegel von Prof. Doevenspeck erreichten letztendlich alle den Treffpunkt am Fuße des Vulkans. Nicht nur mit bleibenden Erinnerungen, sondern auch mit viel Vulkangestein im Gepäck beendeten wir zwei erlebnisreiche Tage.