Kaffeemuseum

Wir halten vor einem großen, repräsentativen Gebäude, welches so aussieht, als ob es entweder schon seit Jahren nicht mehr in Benutzung ist, oder sich gerade in einer Ruhephase des Aufbaus befindet.

Ein großer verwilderter Garten/Parkplatz ebnet den Weg zum Eingang des Museums, vor dessen Tür wir von unserem Museumsführer in Empfang genommen werden. In der Eingangshalle fallen drei Tafeln auf, welche den großzügigen Spendern des Museums gewidmet sind: Zum Ersten dem äthiopischen Staat als Initiator, einem gewissen Dr. Hassan Seid und zu guter Letzt dem omnipräsenten Multimilliardär Mohammed Hussein Al Amoudi.

Der Hauptraum erinnert mit seiner Kuppel ein wenig an das Guggenheim Museum in Manhattan, jedoch führen aus diesem nur zwei Türen im Erdgeschoss in Ausstellungsräume, die auch bestückt sind. Der Rest des Museums scheint verwaist.

Im Museum

Unser Museumsführer leitet uns in den ersten Raum, der karg und lieblos wirkt. Hier findet sich dennoch ein Sammelsurium an verschiedensten historischen Artefakten aus der Kaffa- Region.

Der Guide erklärt und engagiert die Geschichte der Region, wobei wir lernen, dass die Kaffa-Region aus dem Königreich Kaffa (ca. 1390 – 1897) hervorgegangen ist, welches erst zum Ende des 19. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung von Meneliks Truppen nach jahrelangem Kampf eingenommen wurde und heute Bestandteil Äthiopiens ist. […]

Das Königreich ist laut unserem Guide durch den Handel mit Gewürzen und vor allem Sklaven reich geworden. Es ist ihm auch wichtig zu betonen, dass “Sklaverei eine afrikanische Praxis” sei, “ein jahrhundertealtes Geschäft”, welches auch Machtinstrument war: “Die Stämme versklavten sich gegenseitig”. Im Jahr 1923 wurde die Sklaverei auf Druck des Völkerbundes offiziell abgeschafft, da dies als Bedingung zum Beitritt der Gemeinschaft gemacht wurde. Sie überdauerte jedoch bis zur Machtergreifung des sozialistischen Derg-Regimes, welches der Praxis endgültig ein Ende setzte.

Wir bekommen alte Kaffeezubereitungsmaterialien aus Ton präsentiert, Tassen aus Bambus und Schwerter, die zur Verteidigung des Herrschaftsgebiets gebraucht wurden. Diese Waffen seien aus Europa und/oder Arabien gewesen und seien zumeist im Austausch für Sklaven gehandelt worden oder als Geschenke an das Königshaus ins Land gekommen. Die ausgestellten Speere seien aus äthiopischer Produktion und wurden traditionell von der Unterschicht hergestellt.

Des Weiteren werden Hörner als Signal- und Musikinstrumente zur Schau gestellt.

Wir lernen auch, dass die soziale Stellung in der traditionellen kaffanische Gesellschaft von Bedeutung war. Anhand einer aus Holz geschnitzten Platte mit kreisrunden Einkerbungen wird dies sehr gut verbildlicht: Diese Platte wurde zum Speisen verwendet und die Einkerbungen mit verschiedenen Soßen gefüllt. Je mehr Einkerbungen, desto größer die Vielfalt beim Essen und somit auch der Reichtum der Speisenden. Es soll Platten gegeben haben, in denen Platz für bis zu 46 verschiedene Soßen war.

Ein weiteres kulturspezifisch spannendes Artefakt sind die Bambuskissen, welche Frauen vor dem Schlafen gehen in das Ehebett gelegt haben sollen. Hierbei war die Größe des Kissens ausschlaggebend und zeigte an, ob die Frau willens war mit ihrem Mann Geschlechtsverkehr zu haben oder nicht.

Im nächsten Raum entdecken wir eine Malerei, die im Stile äthiopischer Ikonenmalerei gehalten ist und die Geschichte der Entdeckung des Kaffees in mehreren Bildern erzählt. […]

Als Letztes entdecke ich noch eine italienische Kaffeemaschine aus den 30er/40er Jahren. Der Guide weiß leider nicht, wo diese herkommt, und ich darf ihm erklären wie sie (so ungefähr) funktioniert, während andere Mitglieder unserer Exkursionsgruppe jauchzend an die Decke der Haupthalle starren, wo sich Fledermäuse kopfüber hingehangen haben – für uns eigentlich die Hauptattraktion des Museums.

Im Kaffeemuseum – die Fledermäuse leisten uns Gesellschaft

Diese letzten Minuten unserer Führung runden das Bild des Museums ganz gut ab. Es ist in halbfertigem Zustand und sieht auch nicht danach aus, dass es bald wirklich vorzeigbar wäre. Im Unterschied zum Berliner Pannenflughafen BER kann man es glücklicherweise schon nutzen. Dennoch scheint es so, dass das verstaubte Gebäude nicht unseren Anforderungen an ein informatives und repräsentatives Museum entspricht. Es soll Touristen anlocken und somit zum Aufschwung einer ganzen Branche in der wirtschaftlich unterentwickelten Region führen […]. Für den englisch radebrechenden Museumsführer ist das Problem ersichtlich: Das Museum habe nicht einmal einen Zaun!

[Aus dem thematischen Protokoll von Jonas Lüth und Nicole Küper]

Schreibe einen Kommentar