Besuch bei der GIZ

Seit acht Jahren nun hat die deutsche Entwicklungszusammenarbeitsorganisation Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, kurz GIZ, ein Programmbüro in Addis Abeba, welches zu nachhaltigem Landmanagement arbeitet. Dr. Georg Reichert […] klärte uns darüber auf, was die GIZ im Rahmen des Sustainable Landmanagement Programms in einem ihrer Schwerpunktländer Äthiopien macht. Um mehr über das, in der internationalen Literatur unter dem Oberbegriff der „Climate-Smart Agriculture (CSA)“ firmierende Konzept, zu lernen, besuchten wir Dr. Georg Reichert.

Im diesem Großprojekt geht es um die Rolle von nachhaltigen Landmanagement in einer Umwelt, die vulnerabel auf Klimaveränderungen reagiert. Das Projekt wird in Kooperation mit den Gebern und der äthiopischen Regierung im Rahmen eines Regierungsprogramms nach dem sogenannten „top-down-Ansatz“ durchgeführt. Auftraggeber und Hauptgeber des Programms sind die Weltbank, die KfW und die Regierung Norwegens.

Die Hauptfrage, die das Projekt stellt ist die danach, inwiefern sich die betroffenen Regionen mithilfe von agrokulturellen Praktiken an die klimawandelbedingten Veränderungen anpassen können. Zielregionen sind hierbei Amharia, Oromia und Tigray, wobei das Projekt, aufgrund seines Erfolges auch auf die Regionen Southern Nations und Gambella ausgeweitet wurde. Wegen der besonders hohen Anfälligkeit von Regionen mit starkem Relief fokussiert sich das Projekt ausschließlich auf die „highlands“. Sowohl der Agrar-als auch der Pastoralismussektor werden dabei einbezogen, was im lokalen Kontext sehr sinnvoll erscheint.

Letztlich geht es im Projekt um den langfristigen Erhalt bzw. sogar eine Erhöhung der Agrarproduktivität, um eine weiterwachsende Bevölkerung bei gleichzeitigen Externalitäten wie Klimawandel, Veränderungen des El Nino-Effekts und Anderen auch zukünftig weiterhin ernähren zu können. Es wird dazu Augenmerk auf die zentralen Herausforderungen wie den Verlust natürlicher Ressourcen, die Produktivitätssteigerung, den Verlust der Bodenfruchtbarkeit, verschiedene Erosionsarten und der affiliierten Oberbodenabtragung und Überweidung gelegt. Das Programm ist gerade für Äthiopien als Land, bei dem 84% des Exports aus der Landwirtschaft stammen und in dem 85% der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt sind, von höchster Relevanz.

Das Projekt verfolgt einen „three level approach“. Vorerst wird eine Bestandaufnahme von Geofaktoren gemacht und die Lokalbevölkerung aufgeklärt, es folgt das Implementieren von physischen und biologischen Maßnahmen zum Wasser- und Bodenerhalt, zu guter Letzt wird darauf geschaut inwiefern Einkommensquellen für die Lokalbevölkerung generiert werden können. Gerahmt wird das Projekt auf politischer Ebene von nationalen und internationalen Konventionen wie der Climate resilience strategy Äthiopiens, den Beschlüssen der COP21 und anderen Abkommen, wobei die lokal spezifischen Faktoren wie der Anteil des Agrarsektors am BIP bzw. Export oder der hohe Anteil der Viehwirtschaft an den nationalen Emissionen mit mindestens gleichwertiger Gewichtung ins Projektdesign einfließen. Insgesamt wird ein „triple win“ erwartet: eine Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen, die Verbesserung der Livelihoods und eine Abmilderung der umwelt- und klimagefährdenden Faktoren. Das GIZ-Programm sieht sich allerdings auch mit Kritik konfrontiert. So argumentieren einige ExpertInnen, dass beim Projekt das Business as usual (BAU) fortgeführt würde oder unterstellen gar Greenwashing. Letzteres begründen sie damit, dass oftmals die einkommensfördernden Maßnahmen deutlich mehr Gewichtung erfahren als die anderen möglichen, allerdings schwer messbaren und langfristigen Positiveffekte für Mensch und Umwelt.

Eine Grundsatzfrage, die hier immer wieder diskutiert wird, ist die danach, ob es überhaupt einkommensgenerierende Maßnahmen gibt, die keine Auswirkungen auf das Klima haben bzw. wie diese aussehen könnten. Hier muss in Aushandlungsprozessen mit der Lokalbevölkerung und -regierung meist ein Mittelweg gefunden werden. Die GIZ garantiert den änderungsoffenen Bauern in jedem Fall Hilfe bei der Umstrukturierung ihrer Landwirtschaft. Eigens dafür –unter Rückgriff auf Erfahrungswerte –wurde ein Basket of options (BOO), der verschiedenste Dimensionen einbezieht, jeweils bewertet und Relationen zwischen ihnen aufzeigt, kreiert.

Nimmt man allerdings das große Bild ins Blickfeld so wird schnell deutlich, dass Äthiopien als Emittent von einem marginalen Anteil des weltweiten CO2-Ausstoßes was die Abmilderungsdimension angeht, relativ hilflos dasteht. Aus diesem Grund werden, neben der relativ starken Einflussnahme im Vergleich zu anderen Staaten der Region auf internationalen Klimakonferenzen, vor allem Anpassungspolitiken verabschiedet und in die Wege geleitet. Hindernisse sind die nur inkrementellen Verhaltensänderungen der lokalen Bauern, die von Seiten der Regierung dies, von Seiten des GIZ-Field staffs jenes gesagt bekommen. Daher trainiert die GIZ auch die Beamten auf niedrigster Verwaltungsebene; „You don´t do anything without the involvment of the kebele chief“, das war einer der markigen und einschärfenden Sprüche seitens Dr. Georg Reichert. Um die Partizipation und damit die Akzeptanz der Lokalbevölkerung zu fördern, finden am Anfang des Jahres Massenkampagnen bzw. Gemeinschaftsarbeiten statt. Hierbei sind alle Bewohner einer Kommune aufgefordert mitzumachen. Als Anreize fungiert die kostenlose Düngervergabe, andere Politiken, wie die Umwandlung von Vieh-zu Ackerland, sind hier meist direktiver. Werden die Maßnahmen auf Gemeingut (Allmenden) durchgeführt, so ist der Anklang und damit der Wille zur Verhaltensänderung durch ein best practice in der eigenen Gemeinde zumeist größer.

Erstaunlich war, dass ein Großteil der Arbeiterschaft des GIZ-Programms Äthiopier sind. Das sind vor allem technische Mitarbeiter, die in Interaktion mit den Beamten bzw. selten auch der Lokalbevölkerung treten muss.

[ Aus dem thematischen Protokoll von Pauline Windler und Marvin Matheis]

Informationen zu dem Projekt gibt es hier auf der Seite der GIZ.

Schreibe einen Kommentar