Miniforschung: Hannes Jürgens

Regionen um den Lake Kivu als Risikogebiete für Naturkatastrophen

Die Gefahr, welche der Lake Kivu für die Bevölkerung in den umliegenden Gebieten ausstrahlt, liegt an den großen Mengen an gespeicherten Gasen in den unteren Schichten des Sees. Bei einer größeren Freilassung von Gasen an die Oberfläche können große Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan (CH4) die Menschen in den an den See angrenzenden Regionen in Lebensgefahr bringen. Die Freisetzung der Gase ist sowohl für Menschen als auch Tiere tödlich, da sie sich an den Uferregionen ausbreiten. Das ausgetretene Kohlenstoffdioxid verdrängt dabei die Luft und erstickt Lebewesen in diesen Gebieten. Die Gefahr eines natürlichen Austrittes des Gases wird als relativ gering angesehen. Doch während der Möglichkeit eines massenhaften Austrittes eher unwahrscheinlich ist, gibt es regelmäßige kleinere Austritte auf dem See. Diese aufsteigenden Gasblasen können bei einem Austritt an die Oberfläche eine direkte Gefahr für den Verkehr auf dem See darstellen (z.B. Fischerboote). Phänomene dieser Art haben in der Vergangenheit bereits Todesopfer gefordert. Die Möglichkeit eines unterirdischen Bruches im Grund des Sees und daraus resultierende Gasaustritte in größerem Maße wird jedoch vergrößert, durch vulkanische Aktivitäten, welche besonders häufig in den nördlichen Bereichen des Lake Kivu auftreten. Vulkanische Aktivitäten oder tektonische Verschiebungen erhöhen nicht nur das Risiko eines Gasaustrittes, sondern stellen eine generelle Gefahr für die Gebiete dar, da die dicht besiedelten Regionen um Goma und Gisenyi auf vulkanischen Gebieten errichtet sind und sich das Risiko eines Ausbruches nicht nur direkt auf den Nyiragongo beschränkt, sondern in der ganzen Region Aktivitäten fatale Folgen haben könnte.

In der Forschung, welche in den Gebieten um den Lake Kivu stattfanden, ging es in erster Linie um die Risikowahrnehmung der Bewohner. Bei den Risiken handelt es sich nicht um real existierende Phänomene, sondern sind eher Konstruktionen von Sinneswahrnehmungen. Auch interessant in der Forschung ist die Bewertung dieser Risikowahrnehmungen, also die Bewertung von positiven und negativen Konsequenzen resultierend aus diesen, sowie der Wahrscheinlichkeit des Eintretens dieser. Für die Forschung wurden leitfadengeführte Experteninterviews geführt, mit Experten, welche über weitreichende lokale Kenntnisse, über die zu erforschenden Gebiete besitzen.

Die erste Forschungsgegend ist die ländliche Region am Ostufer des Lake Kivu. Hier bezieht sich das Risiko allein auf die Gase innerhalb des Sees und nicht auf vulkanische Aktivitäten. Jedoch wissen die dort lebenden Menschen nicht über dieses Phänomen Bescheid. Fast alle der hier ansässigen Menschen haben noch nichts von den in großen Mengen enthaltenen Gasen im Lake Kivu gehört. Daher kommt, dass sie das Risiko nicht wahrnehmen und daher auch nicht als bedrohlich bewerten. Auch die Regierung unternimmt nichts, um die Bevölkerung zu informieren, also keine Kampagnen, um die Bevölkerung auf Mögliche Auswirkungen eines Gasaustrittes zu vorzubereiten. In einem Interview mit einem Besitzer eines Camps in der ländlichen Region, kam jedoch heraus, dass dies von ihm für gut befunden wird, da sonst die Bevölkerung in unnötige Unruhe kommen könnte. Die Bevölkerung hier hätte jedoch dringendere Probleme und sollten sich daher nicht mit diesen Szenarien beschäftigen. Besorgnisse, welche durch den See produziert werden, sind eher anderer Natur, beispielsweise eine Legende um eine Geisterinsel, bei der nach einem Schiffsunglück mehrere Leichen nicht geborgen wurden, konnten. Jedoch bewusst bei der lokalen Bevölkerung, zu Mindestens bei den Fischern sind die Risiken von kleineren Gasblasen, welche die Boote in Gefahr bringen können. So werden einige Gebiete welche als riskant angesehen werden umfahren. Ebenfalls kam in dem Interview heraus, dass von der Regierung unternommene Gasförderungen zum Zwecke der Stromerzeugung als positiv angesehen werden, da diese das Risiko minimieren.

Als zweites Forschungsgebiet wurde die Stadt Gisenyi am nördlichen Ufer des Lake Kivu herangezogen, welche zusätzlich zu den Bedrohungen aus dem See auch die vulkanischen Aktivitäten im Untergrund der Stadt in Gefahr gebracht sind. Deshalb lassen sich die verschiedenen Risiken auch unterschiedlich bewerten. Auf der einen Seite ist auch hier in der Stadt nicht allseits bekannt, dass der gashaltige See eine Bedrohung darstellen kann. Nur vereinzeltes Wissen darüber ist in der Bevölkerung vorhanden. Auch der Besitzer eines großen Hotels, mit dem ein Interview durchgeführt wurde, wusste nur darüber, da ihm portugiesische Forscher darüber unterrichteten, welche Untersuchungen für die Methanförderung durchführten. Die Förderungen wurden von ihm auch positiv gesehen, da eine Win-Win-Situation entstehen würde, durch die Stromerzeugung und Risikominimierung. Mögliche Komplikationen bei der Extraktion wurden nicht als Problem angesehen. Da die Regierung aber keine Unternehmungen unternimmt, weitere Teile der Bevölkerung über die Risiken vom Gas zu informieren, etwa durch das Radio oder Social Medial, ist dies auch kein Teil vom alltäglichen Leben oder Konversationen der Bevölkerung. Ähnlich zu den ländlichen Gebieten ist hier jedoch, dass es bestimmte Bereiche im See gibt welche als Gefahrenzone lokalisiert wurden. Durch das verschwinden von Schwimmern, konnten diese Gebiete erkannt werden, obwohl es keine Beweise dafür gibt, das Gas bei diesen Unfällen eine Rolle spielte. Auf der anderen Seite sind die seismischen Aktivitäten im Stadtgebiet deutlich bekannter. Durch die Sichtbarkeit in Form des Vulkanes in Goma oder heiße Quellen nicht fern der Stadt, weiß die Stadtbevölkerung über diese Bedrohung Bescheid. Jedoch gibt es auch hier keine Besorgnis innerhalb der Gesellschaft, da die Gefahr nicht greifbar ist. So wird auch in der Stadtplanung keine Rücksicht auf mögliche unterirdische Aktivitäten genommen und die Risiken so nicht in Leben integriert.