Aus dem thematischen Protokoll von Vanessa Maith und Hannah Tonn:
Der Besuch im Zonal Tourism Department wird uns nicht so schnell aus dem Gedächtnis geraten. Zuerst warten wir in einem langen dunklen Gang auf den noch nicht eingetroffenen Chef, wobei wir misstrauisch beobachtet werden. Danach quetschen wir uns in das vielleicht 20qm große Büro (immerhin als Gruppe von 23 Leuten). Sobald der Chef anwesend ist, werden wir plötzlich sehr herzlich behandelt, aber auch erst nachdem wir unseren offiziellen Brief von der Universität Bayreuth abgegeben haben.
Zuerst erzählen uns die zwei Beamten in einem kurzen als Werbevortrag erscheinenden Input über die kulturellen, historischen und natürlichen Sehenswürdigkeiten in Bonga und Umgebung. Dazu gehören Kirchen, Wasserfälle, Quellen, Kaffee und natürlich das Kaffeemuseum. […] Es wird betont, wie wichtig der Tourismus hier ist, meistens bleiben die etwa 200-300 Touristen pro Jahr dabei etwa 2-3 Tage, was von den Anwesenden als sehr wenig empfunden wird, insofern da es einen großen Widerspruch zur Tourismusagenda 2020 darstellt. Auch handelt es sich bei dieser Anzahl nur um einen Bruchteil aller nach Äthiopien reisenden Touristen. (Vergleich: 2014 kamen insgesamt 770 000 Touristen nach Äthiopien (Factfish 2017), woraus deutlich abzuleiten ist, wie wenig touristisch erschlossen Bonga/Kaffa ist)
Die Kaffa-Region wird durch den Werbeslogan „the place where the coffee originated“ vermarktet. Als Schwächen identifizieren die Beamten jedoch die unzureichende Infrastruktur, das heißt, dass viele Attraktionen nur fußläufig erreichbar sind. Dies soll geändert werden. Auch ist das Marketing, v.a. über Soziale Medien, nicht ausreichend.
Sie sind sich selber bewusst, dass Tourismus in der Region noch in den Kinderschuhen steckt. Hier kann man deutlich erkennen, dass zwar der Tourismussektor seit 2010 als Motor für Entwicklung im äthiopischen Entwicklungsplan festgeschrieben ist, davon aber noch nicht viel in Kaffa angekommen ist. Dies kann an fehlenden Finanzen liegen, aber auch an einem mangelnden Verständnis davon, was Touristen wollen.
Ein uns schwierig erscheinender Punkt ist die vorherrschende Bürokratie(sucht) der äthiopischen Regierung. Der Tourismus als solcher, der vom Staat gelenkt wird, funktioniert eher schleppend, wenn offizielle Briefe von Notwendigkeit sind, um einzelne Attraktionen besuchen zu können. Man benötigt überall eine Erlaubnis, um sich z.B. das Kaffeemuseum anzuschauen. Unser Guide in Bonga musste vorab 5-6 Stempel von verschiedenen Büros dafür einholen. Dies gestaltet sich insbesondere als schwierig, wenn die dafür benötigten Personen nicht in ihren Büros anzutreffend sind. Die gesamte Vorbereitung hat viel Zeit in Anspruch genommen und kann ein sehr großes Hindernis für eine große Reisegruppe sein. Selbst im Tourismus Department scheinen die Beamten erst bereit, ausführlicher Auskunft zu geben, nachdem der Letter of Permission vorgezeigt wird.
Quelle: Factfish 2017: Äthiopien. Internationaler Tourismus. URL: https://www.factfish.com/de/statistikland/%C3%A4thiopien/internationaler%20tourismus,%20anzahl%20der%20ank%C3%BCnfte, abgerufen am 8.5.2017.