Nach einem leichten Frühstück begann der erste Tag unserer Exkursion mit einem Treffen im Rwandan Development Board, um mehr über die Special Economic Zones (SEZ) in Ruanda zu erfahren. Mit der Implementierung der SEZs wurden vor sechs Jahren begonnen, sie dienen der Förderung der Wirtschaft in Ruanda durch private Direktinvestoren. Das vorrangige Ziel sind dabei Importsubstitution und Exportsteigerung. Von den 104 Unternehmen in den SEZs sind 42% ruandisch, 58% kommen aus dem Ausland.
Insgesamt gibt es in Ruanda 9 SEZs, von denen allerdings erst drei über die Planungsphase hinaus sind. Die Kigali Special Economic Zone ist dabei die erste und größte. Das Konzept der SEZs ist ein neoliberales, da laut dem Vertreter des Rwandan Development Boards die Regierung zwar gut in Planung und Schaffung des nötigen Umfeldes sei aber „not good in doing business“ und daher wirtschaftliche Entwicklung mithilfe der Privatwirtschaft erreicht werden sollte. Ein Beispiel für ein Unternehmen in dieser Zone ist die Firma mara phone, die vor kurzem das erste Handy „Made in Africa“ herausgebracht hat.
Im Anschluss daran besuchten wir das Campaign Against Genocide Museum, welches sich im Parlamentsgebäude befindet. Während einer informativen, aber etwas zu schnellen Führung durch das Museum bekamen wir einen Überblick über die Beendigung des Genozids durch die RPA/F. Interessant war die Darstellung der Ereignisse in einer regierungsnahen Sichtweise. Besonders eindrucksvoll waren die bewusst nicht entfernten Einschusslöcher im Parlamentsgebäude. Diese entstanden bei der Verteidigung des Gebäudes durch die RPA/F, in welchem sich zu der Zeit Politiker, 600 Soldaten und gerettete Tutsi befanden. In einem noch folgenden Beitrag wird detailreicher auf die Ereignisse des Genozids eingegangen.
Weitere Einblicke in die Geschichte Ruandas bekamen wir im Richard Kandt House Museum, welches wir nachmittags besuchten. Richard Kandt war ein deutscher Psychologe, der zu kolonialen Forschungszwecken im 19. Jahrhundert nach Ruanda reiste. Die Erzählungen über die deutsche Kolonialherrschaft ließ uns unsere Position als deutsche Studierende auf Exkursion in Ruanda überdenken.
Um auch etwas über die derzeitige politische Situation in Ruanda zu erfahren, trafen wir uns am späten Nachmittag mit dem Oppositionspolitiker Frank Habineza. Er kandidierte bei den letzten Präsidentschaftswahlen für die Democratic Green Party of Rwanda (DGPR) als Gegenkandidat zu, dem Vorsitzenden der Rwandan Patriotic Front (RPF) und amtierenden Präsidenten Paul Kagame. Zudem sind Habineza und ein weiterer Abgeordneter seiner Partei laut eigenen Aussage aktuell die beiden einzigen wirklichen oppositionellen Parlamentsmitglieder. Dieses Treffen war für uns besonders interessant, weil Äußerungen von kritischen politischen Meinungen in Ruanda selten sind. Daher waren wir sehr überrascht, wie frei sich Frank Habineza uns gegenüber äußerte. Dabei mied er zwar teilweise direkte Antworten, umschrieb diese jedoch so, dass seine Sichtweise deutlich wiedergegeben wurde. Auf die Wahlen 2017 angesprochen gab er das Beispiel des dritten Präsidentschaftskandidaten Philippe Mpayimana. Dieser lebte in den Jahren zuvor in Frankreich, kam für die Wahlen nach Ruanda und erreichte mit wenig Ressourcen ein deutlich höheres Wahlergebnis als der weitaus bekanntere Frank Habineza.
Mit diesem eindrucksvollen Treffen beendeten wir den Exkursionstag und ließen ihn mit einer Runde Volleyball ausklingen.