08: Weinbau und -handel im Bordelaise

Bordeauxwein: Zwischen Tradition und zukünftigen Herausforderungen

Weinberg in Saint-Émilion (Eigene Aufnahme)

Bordeaux ist für viele nicht nur eine Stadt im Südwesten Frankreichs, sondern vor allem der Inbegriff guten Weins. Keine andere Weinbauregion dieser Welt ist so bekannt und steht als Marke für Qualität und herausragenden Geschmack wie der Großraum um Bordeaux, das Bordelaise. Zahlreiche der teuersten Weine der Welt stammen aus der Region und so ist es auch kaum verwunderlich, dass Frankreich, gemessen am Geldwert, der weltweit größte Weinexporteur ist. Allerdings gibt es auch Bordeaux-Weine, die im Discounter zu erschwinglichen Preisen erhältlich sind. Im Folgenden wird ausgeführt, wie es zu solch großen Preisunterschieden kommen kann und mögliche Folgen des voranschreitenden Klimawandels für den Weinanbau in Bordeaux diskutiert und Lösungsstrategien vorgestellt.

Der Weinanbau in der Region Bordeaux geht bis ins 2. Jahrhundert zurück. Auf einer Fläche von rund 120.000 ha wird hier vorwiegend Qualitätswein produziert. Kostspielige Weine erreichen durchaus Stückpreise von fünfstelligen Summen. Die Preisspanne kann zum einen mit der Klassifizierung der Weine erklärt werden. Das bekannteste Klassifizierungssystem ist das der ‚Grands Grus‘ und entstand im Zuge der Weltausstellung 1855 in Paris. Napoleon III verfügte, dass die Weinregion Bordeaux selbstständig eine Aufstellung ihrer besten Weine anhand einer beliebigen Klassifizierung erstellen soll, damit diese die Weinregion auf der Weltausstellung vertreten können. Den Kriterien, um als ‚Grand Crus‘ klassifiziert zu werden, liegen keine quantifizierbaren Geschmackskriterien zugrunde, sondern Bekanntheit der Weingüter sowie die Preise und das Handelsvolumen waren hier ausschlaggebend. Aber auch das ‚terroir‘ (siehe folgender Abschnitt) hat in der historischen Klassifizierung einen wesentlichen Einfluss. Die Klassifizierung von 1855 ist insofern besonders, dass hier nur Rotweine aus dem Médoc, ein einziger aus den Graves sowie Süßweine aus Sauternes und Barsac gelistet sind. Festgelegt wurde dies vom ‚Syndicat des Courtiers de Commerce‘ (Vereinigung der Makler), die anhand der eben beschrieben Grundlagen eine Hierarchie erschufen. Die ‚Grand Crus‘ wurden noch weiter in Kategorien von 1-5 aufgeteilt. Die prestigeträchtigsten und dadurch auch teuersten Weine sind die des Premiers Crus. Weltweit bekannte Weingüter wie beispielsweise Château Rothschild gehören dieser absoluten Spitzenkategorie an. Weine, die hingegen keine besondere Klassifizierung erhalten, sind dementsprechend wesentlich günstiger. Die Weinregion Bordeaux ist unterteilt in fünf verschiedene Unterregionen (z.B. Médoc oder Graves). Jede von diesen verfügt über differenzierte Ausprägung der Geofaktoren, vor allem des Bodens. Die Region Médoc ist aufgrund ihrer Böden besonders gut für den Anbau von roten Trauben geeignet, weswegen in der Klassifikation von 1855 nahezu ausschließlich Weine aus dieser Unterregion gelistet sind.

Verschiedene Rotweine aus Saint-Émilion (Eigene Aufnahme)

Auch der Begriff des ‚terroirs‘ hat einen Einfluss auf den Preis des Weins. Ein Terroir ist eine bestimmte Flächeneinheit mit unterschiedlicher Ausstattung der Geofaktoren wie (Klein-)Klima, Hangneigungen (bzw. Relief im Allgemeinen), Sonneneinstrahlung und Boden. Die Grenzen der Terroirs sind allerdings zum Teil nahezu willkürlich gezogen, es handelt sich hierbei um konstruierte Grenzen, welche historisch (Klassifikation) verankert sind und im Verlauf der Jahre immer wieder reproduziert wurden. Die Terroirs teilen die Weinregion Bordeaux in ein komplexes Mosaik. Je kleiner die hieraus resultierenden Gebiete sind oder umso besser ist das Zusammenspiel der Geofaktoren für den Weinbau (Südhang besser als Reben in der Ebene) und desto höher auch der Preis.

Welche Folgen wird der auch in diesem Weinbaugebiet bereits spürbare Klimawandel haben? Auf diese Frage eine allgemein gültige Antwort zu liefern ist nahezu unmöglich. Bereits jetzt ist die durchschnittliche Temperatur um 1,5 Grad Celsius gestiegen. Verschiedene Klimamodelle sagen, abhängig vom Erreichen verschiedener globaler Konzepte zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, differenzierte Veränderungen des Klimas in Bordeaux hervor. So ist eine Erwärmung von im Durchschnitt weiteren 0,6 Grad bis hin zu 5,3 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 denkbar.  Aber bereits heute sind die ersten Folgen der voranschreitenden globalen Erwärmung zu erkennen. Im Jahr 2022 fiel im Vergleich zu den Vorjahren sehr wenig Niederschlag, verknüpft mit einer intensiven Sonneneinstrahlung. Für die Trauben resultiert daraus, dass sie aufgrund der trockenen Böden und dem wenigen Regen nur ein geringeres Volumen erreichen können. Die Ernte des Merlot musste bereits Ende August, also wesentlich früher als in den Vorjahren stattfinden. Die Konsequenz daraus ist, dass die Winzer dann auch nur vergleichsweise weniger Wein keltern können und der Gewinn geringer wird. Zusätzlich erschweren immer häufiger Spätfrostereignisse den Weinanbau. Oftmals beginnt die Vegetationsperiode aufgrund gestiegener Tagestemperaturen im Frühjahr für die Reben bereits zu früh und wenige Tage später zerstörte der Frost in den kalten Nächten die neuen Triebe. 2021 verloren einige Winzer so im Vergleich zum Vorjahr knapp ein Viertel ihrer Produktion. Aber auch extreme Wetterereignisse, wie beispielsweise Stürme, starke Winde oder auch Gewitter mit Hagelschlag stellen eine Gefahr für die Weinberge und somit den Ertrag der Winzer dar. Eine große Unbekannte stellt aber nicht nur die Traube dar, sondern auch das daraus resultierende Produkt, vor allem dessen Geschmack. Viele Bordeaux-Kenner schätzen die trockenen Rotweine aufgrund ihrer Gerbstoffe. Allerdings sorgen hohe Temperaturen dafür, dass die Trauben einen wesentlich höheren Zuckergehalt besitzen. Weiterführend ist das Resultat daraus ein erhöhter Alkoholgehalt. Im Gegenzug ist der Säuregrad, der die Charakteristik eines Weins ausmacht, wesentlich geringer. Bisher konnten diese Unterschiede im Geschmack durch gute Kellerarbeit der Winzer gering gehalten werden, aber je nach Klima-Szenario ist zu erwarten, dass sich der Charakter des Bordeaux-Weins verändern wird.

Weinreben bei Saint-Émilion (Eigene Aufnahme)

Allerdings gibt es bereits jetzt eine Vielzahl von Lösungsansätzen, wobei jedoch beachtet werden muss, dass einzelne Maßnahmen nur punktuell gegen eine der Naturgefahren wirksam sind. Zusätzlich muss bei allen Maßnahmen berücksichtigt werden, dass keine gegen die Grundsätze der Bordeaux-Wein Produktion, der Terroir-Vorgaben, verstoßen darf. So ist beispielsweise die Bewässerung als Lösung der Dürre-Problematik strengstens untersagt.

Allerdings gibt es andere Lösungsansätze, um den hohen Temperaturen, verbunden mit geringem Niederschlag und daraus resultierender Dürre entgegenzukommen: Eine Möglichkeit ist es, die Reben vor der hohen Sonneneinstrahlung zu schützen. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass Bäume in den Weinfeldern gepflanzt werden. Diese spenden Schatten, konkurrieren aber mit den Reben um Wasser aus dem Boden. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert eine andere Methode. In diesem Fall werden die Weinreben nicht geschnitten, woraus ein höheres Wachstum der Reben generiert wird. Dadurch bildet sich der Effekt, dass die Reben sich gegenseitig Schatten spenden (vor allem wenn die Sonne bereits tiefer steht). Weitere positive Nebeneffekte sind die tiefere Verwurzlung der Reben, was einen Zugang zu tiefer gelegenem Bodenwasser ermöglicht sowie ein ausgeprägteres Blätterwachstum, was ebenfalls Schatten spendet. Ein weiterer Ansatz ist es, die Weinberge nicht in der üblichen Ausrichtung (möglichst viel Sonneneinstrahlung) zu platzieren, sondern die neuen Hänge um 90 Grad horizontal verkippt auszurichten. Auch hier spenden sich die einzelnen Reben gegenseitig mehr Schatten.

Eine andere Möglichkeit, um auf den Klimawandel zu reagieren, ist die Einführung neuer Rebsorten. So könnten neben den klassischen Rebsorten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot bei den Rotweinen, wobei letzterer die Hitzebedingungen wesentlich schlechter verträgt, bald auch Rebsorten wie Touriga Nacional angebaut werden. Diese Rebsorte ist in Portugal bereits etabliert und zeigt eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber den hohen Temperaturen. Allerdings ist zu beachten, dass die A.O.C diese neuen Rebsorten erst zulassen muss, andernfalls darf der Wein nicht unter dem Namen ‚Bordeaux‘ verkauft werden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Klimawandel erhebliche Auswirkungen auf die Weinproduktion hat und weiterhin haben wird.

Quellen:

CIVB (2022): Unser Terroir. URL: https://www.bordeaux.com/de/Unser-Terroir (Zuletzt aufgerufen: 05.11.22).

Federl, F. (2019): Reben auf der Flucht. URL: https://www.sueddeutsche.de/wissen/wein-frankreich-klimawandel-1.4461393 (Zuletzt aufgerufen: 05.11.22).

Hofmann, F. (2022): Die Zukunft des Bordeaux. URL: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/bordeaux-klimawandel-101.html (Zuletzt aufgerufen: 05.11.22).

Schirmer, R. (2022): Mitschrift von Ausführungen während der Geländeexkursion.

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