Betrachtet man verschiedene Naturgefahren, so fällt auf, dass die Gefahr eines Vulkanausbruchs unabhängig von menschlichen Handlungen und Eingriffen in die Umwelt besteht. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass der Mensch Vulkanausbrüchen schutzlos ausgeliefert. Das Ausmaß der Ausbrüche selbst ist nicht beeinflussbar, aber die Auswirkungen auf die Bevölkerung, die von einem Vulkanausbruch betroffen sind, sehr wohl. Wirksame politische Maßnahmen sind gefragt, die die Vulnerabilität der betroffenen Menschen senken, sodass die Auswirkungen eines Vulkanausbruchs auch stark davon abhängen, wie und ob von politischer Seite von vornherein gehandelt (oder nicht gehandelt) wurde, um mögliche Auswirkungen zu lindern (Wisner et al. 2007, S. 274f).
Der letzte Ausbruch des Nyiragongo, einem aktiven Vulkan, der sich sehr nahe der Stadt Goma erhebt, geschah vor über 14 Jahren, am 17. Januar 2002. Die Lava des Vulkans floss durch die Eruption auch direkt durch Goma und verursachte großen Schaden. Beim letzten Ausbruch des Vulkans 1977 kamen 2000 Menschen ums Leben. Zu dieser Zeit beherbergte Goma etwa 500000 Menschen, von denen etwa 75% aus Goma im Zuge des Ausbruchs flüchten mussten. Obwohl die Nachricht des sich anbahnenden Ausbruchs nicht öffentlichkeitswirksam kommuniziert wurde und nur ansatzweise stadtplanerische Maßnahmen umgesetzt wurden, die Auswirkungen eines potentiellen Vulkanausbruchs zu lindern, blieb die Zahl der Toten außerordentlich gering; große Teile der Bevölkerung kehrten unmittelbar nach dem Ausbruch in die von noch heißem Lava durchzogene Stadt zurück (Wisner et al. 2007, S. 313f).
Neben den von Vulkanen ausgehenden Gefahren bietet das Leben nahe eines Vulkans natürlich auch viele Vorteile. Fruchtbare Böden, oftmals vorhandene seltene Minerale und nicht zuletzt Einkünfte durch Tourismus stellen Beispiele dar, die in eine subjektive Bewertung der lokalen Bevölkerung einfließen. In diese subjektiven Bewertung fließen ebenfalls persönliche Erfahrung oder schlicht das Wissen um die Gefahr ein, Kelman & Mather finden hier ein illustratives Beispiel: „For example, if a person is informed that the risk is so high that it is equivalent to smoking two packs of cigarettes a day, s/he could respond that s/he smokes three packs of cigarettes a day and feels fine, so the volcano could not be too dangerous.“ (Kelman & Mather 2008, S. 195)
Gerade aber vor dem Hintergrund der vielen anderen alltäglichen Risiken, denen die Bevölkerung ausgesetzt ist, sei es nun ein Aufsteigen des explosiven Methangases aus dem Kivusee oder die kriegerischen Auseinandersetzungen in und um Goma, die feste politische Strukturen unterbinden, darf nicht vergessen werden, dass große Teile der Bevölkerung Gomas dieses breite Maß an Risiken nicht bewusst eingehen, sondern dazu gezwungen sind, sich mit diesen zu arrangieren (Doevenspeck 2007, S. 48ff).
Kelman, I., Mather, T. (2008): Living with volcanoes: The sustainable livelihoods approach for volcano-related opportunities. In: Journal of Volcanology and Geothermal Research 172 (3-4), S. 189–198.
Wisner, B.; Blaikie, P.; Cannon, T.; Davis, I. (2007): At Risk. Natural hazards, people’s vulnerability and disasters. Routledge: London and New York.
Doevenspeck, M. (2007): Goma, die Stadt auf dem Vulkan. Naturgefahren in der Demokratischen Republik Kongo. In: Geogrpaphische Rundschau 59 (10), S. 48-57.
Foto: Marja Swiridoff © 2016