5. Naturräumliche Gegebenheiten

Die Rebe (Vitis) gehört zu der Familie der Weinrebengewächse (Vitaceae) und ist eine der ältesten Blütenpflanzen Europas (Miedaner 2018: 39 f.). Die eigentliche Waldpflanze wurde durch den Menschen in eine Kulturpflanze umgewandelt. Es lassen sich ca. 60 verschiedenen Arten unterscheiden, die sich durch die Einflüsse von unterschiedlichen Klimaten, Böden und Anbaubedingungen entwickelten (Miedaner 2018: 49). Die Weinlese findet im Herbst (September bis November) statt. Danach werden die Reben runtergeschnitten, sodass nur noch zwei Triebe stehen bleiben, aus denen sich im nächsten Jahr die Früchte entwickeln. Neben der Rebstockpflege wird im Sommer auch die Vegetation unterhalb der Reben gemäht bzw. gemulcht, um so die Fäulnis der Trauben vorzubeugen. Das Gras (manchmal auch Stroh) dient als Schutz vor Hangerosion durch Oberflächenabfluss.

Da es sich bei Weinrebengewächse um Kletterpflanzen handelt, benötigen diese Rankhilfen. Bei den Weinbergen bei Zeil am Main bis Unterhaid wurden diese in der Vergangenheit aus dem Holz der Niederwälder gewonnen. Niederwälder bestehen aus strauchartigen Bäumen und Büschen wie Quercus, Carpinus betulus, Corylus avellana. Diese schnellwachsenden Arten wurden regelmäßig zurückgeschnitten, damit sie danach wieder austreiben konnten (Seibert 1966). Dadurch wurde nutzbares (Brenn-) Holz, sowie Rankhilfen für die Weinwirtschaft gewonnen. Des Weiteren blieben die Wälder langfristig erhalten, sodass keine Neupflanzungen erforderlich waren. Mit dem Niedergang der traditionellen Niederwaldwirtschaft wurden immer mehr moderne Materialien aus Metall verwendet, um den Weinreben die nötige Stütze zu geben. Auch heute bieten die Niederwälder noch einen großen Vorteil für den Weinanbau im Untersuchungsgebiet. Neben dem Schutz vor Bodenerosion, durch das Wurzelwerk, dienen diese auch als eine Art Barriere für Wind. Daneben schaffen Wälder ihr eigenes Mikroklima. Durch das Verdunsten von Wasser über die Blätter (Transpiration), wird der Luft Wärme entzogen. Außerdem reflektiert das Blätterdach ein Großteil der kurzwelligen Strahlung, sodass sich der Waldboden tagsüber nicht so schnell erwärmt. Nachts gibt der Boden die Wärme wieder an die Umgebung ab und das Blätterdach verhindert dabei das Entweichen dieser langwelligen Strahlung, sodass die Temperaturen im Wald höher sind als außerhalb. Von diesem Mikroklima profitieren auch die unterhalb liegenden Rebflächen, da so beispielsweise plötzliche Kälteeinbrüche abgemildert werden und Frostschäden an den Reben verringert werden.

Die Rebstöcke im Untersuchungsgebiet sind als Schutz vor der Reblaus gepfropft. Im 19. Jahrhundert wurden amerikanische Rebstöcke nach Europa importiert und damit auch die Reblaus (Viteus vitifoliae). Diese befallen die Wurzeln des Rebstockes und zerstörten nahezu den gesamten europäischen Weinbau (Andert et al. 2003: 209). Da die amerikanischen Weinstöcke im Vergleich zu den europäischen resistent gegenüber dem Schädling sind, werden die europäischen Rebstöcke als Schutz auf die amerikanischen gepfropft (Rebveredelung).

gepfropfte Weinrebe im Untersuchungsgebiet (eigene Aufnahme)

Betrachtet man das Untersuchungsgebiet aus einer geologischen Perspektive, so befindet sich dieses im Süddeutschen Schichtstufenland, im Bereich von Sandstein- und Gipskeuper. Die Umwelt vor etwa 225–205 Millionen Jahre (Keuper) war durch den Wechsel von einem ariden Klima zu einem semiariden-, bis hin zu einem semihumiden Klima gekennzeichnet, sodass es im Laufe der Zeit zu maritimen, sowie terrestrischen Ablagerungen kam (LfU Bayern 2015: 14). Die Flüsse lagerten Sand-, Schluff- und Tonsedimente ab, welche sich im Laufe der Zeit verfestigten und die 340 m mächtigen Keupersedimente im Untersuchungsgebiet bildeten (LfU Bayern 2015: 23).

Bei dem Gipskeuper (unterer mittlerer Keuper) handelt es sich um versteinerten fein, tonigen Schlick, welcher sich zu mit Kalksteinen durchzogenen Ton- und Sandsteinbänke ablagerte. Der Sandsteinkeuper (oberer mittlerer Keuper) bildete sich bereits unter verstärkten terrestrischen Einflüssen und ist daher auch deutlich erosionsbeständiger. Dies ist auch in der Landschaft zu erkennen. Während der Sandsteinkeuper als Stufenbildner vor allem an steilen Lagen vorkommt, dominiert der weniger erosionsbeständigere Gipskeuper (Sockelbildner) in flacheren Bereichen. Da die schluff- und tonreichen Böden des Gipskeupers eine höhere Wasseraufnahme- und Wasserspeicherkapazität haben, werden diese für Acker- und Weinanbau genutzt. Die sandigen, trockeneren und eher nährstoffärmeren Böden des Sandsteinkeupers werden für die Forstwirtschaft genutzt. Das heutige Mainsystem entwickelte sich im Pliozän (5-3 Millionen Jahre vor heute), unter anderem als Folge der Eintiefung des Oberrheingrabens und der Anzapfung an den Rhein (LfU Bayern 2015: 18). Dabei entstand ein Durchbruchstal des Mains zwischen Haßberge und Steigerwald. Mit Beginn des Eingriffs der Menschen in die Landschaftsentwicklung kam es auch im Untersuchungsgebiet zu Ackerbau, Waldrodungen und Flurbereinigungen.

Blick von den südexponierten Weinbergen auf die Süddeutsche Schichtstufenlandschaft (eigene Aufnahme)

In den Weinbergen bei Zeil am Main gibt es einen 120 cm tiefen Bodenaufschluss des Bayerischen Landesamt für Umwelt, welcher Einblick in den natürlichen Bodenaufbau der Ziegelanger-Weinberge gibt. Die Ziegelanger Rebflächen liegen im Bereich des Gipskeupers (Lehrbergschichten) (LfU Bayern 2019). Bei dem vorliegenden Bodentyp handelt es sich um eine flachgründige Rendzina. Diese lässt sich an diesem Standort in drei bzw. vier Bodenhorizonte aufteilen. Oben auf befindet sich eine organische Auflage aus zersetztem Laub und Pflanzenresten (L). Bei dem humosen Oberbodenhorizont (jeAh), welcher sich bis in 30 cm Tiefe erstreckt, handelt es sich um ein Hangkolluvium mit einem lehmig-tonigem Krümelgefüge. Oberflächenabfluss nach Regenereignissen hatte zur Folge, dass es zu Hangerosion kam und das Material so an unteren Bereichen des Hangs abgelagert wurde. Daraufhin folgt bereits das Ausgangsgestein, in diesem Fall die Lehrbergschichten (clCV1). Ab 70 cm nimmt der Steinanteil zu, sodass diesem Bereich nochmals ein eigener Horizont (clCV2) zugeordnet wird (LfU Bayern 2019). Trotz der guten Nährstoffverfügbarkeit und der schnellen Erwärmung eignen sich Rendzina-Böden aufgrund ihrer Flachgründigkeit schlecht für den Ackerbau (Stahr et al. 2020: 140, 142).

natürlicher Bodenaufbau im Untersuchungsgebiet, LfU Bayern 2019

Weinreben nutzen den Boden vor allem, zur Wasser- und Nährstoffaufnahme. Des Weiteren spielt auch das durch die Böden gegebene Mikroklima, wie beispielsweise eine schnelle Erwärmung des Bodens, eine wichtige Rolle (Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 2022: 5). Um den Ertrag zu steigern, kam und kommt es zur Verbesserung der Kultivierung der Böden. Insbesondere „mit der Umstellung des europäischen Weinbaus im 20. Jahrhundert auf reblausresistente Rebsorten“ und der Herrichtung der Rebflächen für eine maschinelle Bewirtschaftung, wurde das Rigolen verstärkt (Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 2022: 8). Unter Rigolen versteht man tiefgreifendes Umschichten von Bodenmaterial beispielsweise bei einer Neuanlegung von Rebflächen. Dabei erfolgt das Pflügen bis in eine Tiefe von 90 cm und es kommt zur Zerstörung der natürlichen Horizontabfolge (ebd.). Allerdings bleibt das mineralische Gefüge erhalten, sodass die Eigenschaften und Merkmale des ursprünglichen Bodens erhalten bleiben (ebd.).

Neuanlegung von Rebflächen am Ziegelanger bei Zeil am Main (eigene Aufnahme)

 

Quellen

Andert, J.; Berger, N.; Busch, D.; Kovacs, G.; Persen, U.; Reisenzein, H. (2003): Die Reblaus – ein bedeutender Quarantäneschaderreger im österreichischen Weinbau. In: ALVA (2003): Jahrestagung (2003) zum Thema „Ernährungssicherheit – Kontrolle der Nahrungsmittelkette“. Online verfügbar unter: https://www.alva.at/images/Publikationen/Tagungsband/alva03_tagungsband_homepage.pdf#page=209, zuletzt geprüft am 29.09.2024.

Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (2022): Die Weinbergsböden von Hessen. Online verfügbar unter: https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/boden/BBH7_2022.pdf, zuletzt überprüft am 28.09.2024.

LfU Bayern (Hg.) (2015): Erläuterungen zur Geologischen Karte zum Blatt 5929 Haßfurt. Online verfügbar unter https://www.bestellen.bayern.de/application/applstarter?APPL=eshop&DIR=eshop&ACTIONxSETVAL(artdtl_geo.htm,APGxNODENR:102136,AARTxNR:13119,AARTxNODENR:346440,USERxBODYURL:artdtl.htm,KATALOG:StMUG,AKATxNAME:StMUG,ALLE:x)=X, zuletzt geprüft am 28.09.2024

LfU Bayern (2019): Die Bodenstation Zeil am Main. Online verfügbar unter https://www.bestellen.bayern.de/application/applstarter?APPL=eshop&DIR=eshop&ACTIONxSETVAL(artdtl.htm,APGxNODENR:14030,AARTxNR:lfu_bod_00063,AARTxNODENR:17728,USERxBODYURL:artdtl.htm,KATALOG:StMUG,AKATxNAME:StMUG,ALLE:x)=X, zuletzt geprüft am 28.09.2024.

Miedaner, T. (2018): Genusspflanzen. Berlin: Springer Verlag.

Seibert, P. (1966): Der Einflusz der Niederwaldwirtschaft auf die Vegetation. In: Tüxen, Reinhold (1966): Anthropogene Vegetation. Dondrecht: Springer, 336-346.

Stahr, K.; Kandeler, Ellen; Herrmann, L.; Streck, T. (2020): Bodenkunde und Standortlehre. Stuttgart: Eugen Ulmer.

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