Stadtexkursion durch Kyjiws Innenstadt

Kyjiw, die Hauptstadt der Ukraine, ist mit ihren rund 4 Millionen Einwohnern ein weitestgehend unbeschriebenes Blatt für die meisten Deutschen und für die englisch- und deutschsprachige Geographie. Obgleich die Stadt durch die Orangene Revolution 2004 und die Revolution der Würde („Euromaidan“) 2013/2014 in das öffentliche Bewusstsein des „Westens“ gerückt ist, fehlen aktuelle Forschungen.

Die gemeinsame Übung in Kyjiw leistete dabei einen kleinen Beitrag, um dies zu ändern. Los ging es – wie schon in Bayreuth – mit einer Stadtexkursion. In diesem Fall natürlich mit vertauschten Rollen. Nach einer kurzen Fahrt mit der Metro Kyjiw starteten wir bei bestem Juniwetter vor dem goldenen Tor, Zoloti Vorota. Kyjiw war einst eine bedeutende Handelsstadt und möchte an die einstige Rolle als Schnittstelle zwischen Ost und West nach der Zeit Sowjetischer Herrschaft wieder anknüpfen. Das Goldene Tor als Zolltor steht für diese Rolle.

Weiter ging es vorbei an der Deutschen Botschaft, dem Nationaltheater der Ukraine hin zur Sophienkathedrale – eine der vielen Teilen des kirchlichen, aber immer auch politischen UNESCO-Welterbes der ukrainischen Hauptstadt. Als Illustration wurden dabei immer wieder Scheine der ukrainischen Währung Hrywnja genutzt, die für das ukrainische nationale Bewusstsein bedeutsame Bauten und Personen abbilden.

Bewegend, schmerzend und interessant zugleich war der Aufenthalt am Majdan Nesaleschnosti, dem zentralen Schauplatz der im Westen als „Euromaidan“ bekannten „Revolution der Würde“ 2014 als wichtigsten Ereignis der jüngeren ukrainischen Geschichte. Von friedlichem Protest, der Eskalation staatlicher Gewalt und dem Tod von rund 100 Protestierenden zeugen die zahlreichen Tafeln sowie kleinen und großen Gedenkstätten, nicht aber jedoch das gegenwärtige Erscheinungsbild. Der „Maidan“ ist ein moderner, sauberer, einladender und von den Bürgern sehr gut als Begegnungsort genutzter Platz. Mit Cafés, Shoppingcenter, Brunnen und den typischen Kwas-Verkäufern.

Auf dem Weg über den Prachtboulevard Khrestschatik zeigten sich deutlich die verschiedenen politischen Einflüsse, denen die Stadt im letzten Jahrhundert unterlag. Prozesse der De-kommunisierung, neoliberale Entwicklungsprozesse ebenso wie Relikte aus sozialistischer Zeit. Nach einer Stärkung mit Kyjiska Perepychka, einer Art frittiertem Hot Dog, ging es weiter zum Werchowna Rada (Parlament), zum Präsidentenpalast bis zum „Bogen der Völkerfreundschaft“. Nach knapp 25.000 Schritten hatten wir uns den großartigen Ausblick auf den Fluss Dnipro und die Stärkung mit Borschtsch redlich verdient.

 

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