Ortsbesuch bei der MMM-Group am Standort Stadlern:
Als unser Bus auf den vollen Parkplatz vor dem Werk fährt, fällt der Blick zunächst auf die Nummernschilder der dort parkenden Fahrzeuge. Unter geschätzt 50 Autos befindet sich lediglich eines mit tschechischem Kennzeichen und das obwohl die Grenze zum Nachbarland kaum zwei Kilometer Luftlinie entfernt liegt. Ein Punkt an dem es Nachzuhaken gilt.
Nachdem der Bus gehalten hat und alle in Richtung Haupteingang gehen, fällt der Blick erneut auf die parkenden Autos. Eine ganze handvoll Firmenwagen parken hier. Allesamt Fabrikate der Oberklasse mit Münchner Kennzeichen. Das passt ins Bild eines nach eigenen Angaben weltweit führenden Konzerns der Sterilgutaufbereitung. Gefertigt werden hier vor allem Dampfsterilisatoren für alle Anwendungen im pharmazeutisch-medizinischen Bereich. Die Fertigungstiefe in dieser Branche sei im Vergleich zu anderen Industriezweigen hoch, erklärt man uns in einem eigens für uns gedeckten Besprechungsraum. Für uns stehen allerlei belegte Brötchen und für jeden eine Tasche mit Werbegeschenken bereit. Man scheint sich für die Besucher aus Bayreuth Mühe zu geben.
Hier im oberen Stockwerk bekommen wir zunächst eine Einführung in die Arbeit der MMM-Group, was für Münchner Medizin Mechanik steht, bevor es dann später zu einer Werksführung nach unten in den Keller geht.
Die MMM-Group besitzt vier große Werke. Zwei davon, Stadlern und Peiting, befinden sich in Deutschland, während relativ neu ein Werk in Moroe, USA, eröffnet wurde und das größte Werk der Gruppe im tschechischen Brünn steht. Das Brünner Werk, so entnimmt man der Imagebroschüre, ging aus dem früheren tschechischen Staatskonzern Chirana hervor, von welchem knapp 40 Jahre nach seiner Gründung die MMM 1992 erste Anteile übernahm. Das Werk in Brünn ging durch weitere Zukäufe immer weiter in die Hand des Münchner Konzerns über, bevor es 2007 vollständig zur MMM-Group gehörte. Die hier hergestellten Produkte sind vor allem für den Export bestimmt, eine Aufgabe, die schon vor Münchner Zeiten erfüllt wurde. Durch diese Beziehungen vor allem zu den früheren Ostblockstaaten, eröffnete der Zukauf des Werks dem Konzern nach der Wende weitere Märkte.
Unsere Exkursion findet unter dem Titel „bayerisch-tschechische Verflechtungen“ statt und so fällt das Gespräch auf die Beziehungen mit Tschechien. Wie ist es mit den Nachbarn zusammenzuarbeiten? Die Kultur sei eine etwas andere. Tschechen seien vor allem pragmatisch veranlagt, was bei manchem Projekt, wenn man nicht entsprechend gegensteuert, auch dazu führen könne, dass statt einer Maschine am Ende Blumentöpfe entwickelt würden – weil irgendwann im Planungsprozess das Gefühl aufkam, dass Blumentöpfe eigentlich jetzt gerade viel praktischer als Maschinen wären. Abhilfe, so erklärt uns der Werksleiter, schaffen hier häufigere Treffen, die zur Steuerung dienen. Man müsse ganz einfach mehr reden, mehr argumentieren. Und dann funktioniere die Entwicklung in Zusammenarbeit mit den hervorragend ausgebildeten tschechischen Ingenieuren ohne Probleme. Ein gegenseitiger Austausch von Ideen sei sogar nicht nur notwendig, sondern überaus ertragreich.
Stellt sich allerdings die Frage nach der verschwindend geringen Zahl tschechischer Autos und damit vermutlich auch Arbeitnehmer am Standort Stadlern. Die, so bestätigt man uns, sei in der Tat Null und das trotz des deutlich höheren Gehaltsniveaus in Deutschland. Es seien administrative Hindernisse und vor allem die Bodenständigkeit der Tschechen, für welche Familie und soziale Kontakte einen höheren Stellenwert einnähmen als für Deutsche, die die grenzüberschreitende Beschäftigung tschechischer Arbeitnehmer verhindere.
Jedoch seien laufend Mitarbeiter zwischen den Werken im Austausch, um eine möglichst gute Zusammenarbeit zu ermöglichen. So sehen wir auf unserer Führung durch die Montagehallen beispielsweise wie hier in Stadlern in einem Schweißroboter Türen entstehen, welche anschließend in Brünn in die zugehörigen Druckbehälter eingebaut werden. Auch wenn bei manchen Teilen wie bei diesen Türen eine Standardisierung und damit Technisierung möglich ist, mache die Spezialisierung der angebotenen Sterilisatoren eine stetige Einbeziehung der Mitarbeiter nötig. Wie sieht es dann mit der zur Zeit überall hoch gepriesenen Industrie 4.0 aus?
Werden bald Maschinen miteinander kommunizieren und sich durch gesammelte Daten selbst optimieren? Hier setzt man auf ein anderes Modell! Wichtig seien die Innovationskraft der Mitarbeiter. Jeder, so die Annahme, weiß für seinen Arbeitsbereich am besten, was verbessert werden kann und was erhalten bleiben muss und trägt damit seinen persönlichen Teil zum Erfolg des Unternehmens bei.
Der Faktor Mensch, so der Eindruck nach dem Besuch, scheint für die Münchner Medizin Mechanik ein überaus wichtiger zu sein. Sei es beim Austausch von Mitarbeitern und damit Ideen zwischen den einzelnen Standorten, die jeweils etwas unterschiedliche Mentalität, die durch viel Fingerspitzengefühl überbrückt wird oder die Mitarbeit jedes Einzelnen am Wachsen des Unternehmens. Ein Faktor, der sich durch die nun schon über 60 jährige Firmenphilosophie hindurchzuziehen scheint und den auch wir mit dem bestvorbereiteten Empfang unserer gesamten Exkursion genießen durften.
Autor: Lars Burzer