Ein Vorort im Wandel: Silver Spring

Metro-Center

Richtung Norden, dort wo Maryland und der District of Columbia aufeinander treffen, fuhren wir am heutigen Samstag mit der Metro Washington. Das in den 1970ern entstandene System brachte uns in ca. 25min nach Silver Spring. Einem typischen oder aber dennoch besonderen Vorort von DC. Einerseits, weil er in den vergangenen 20-30 Jahren einen enormen Wandel durchlaufen hatte und andererseits natürlich, weil der Dozent, Prof. Hannah hier nicht nur Dozent, sondern auch Gastgeber im Ort seiner Jugend war. Früher sei Silverspring eher langweilig geworden, aber inzwischen ist er neidisch auf die heutigen Bewohner des Ortes.

An der Metro-Station Silverspring

Die rund 70.000 Einwohner arbeiten dabei weniger in den Einrichtungen vor Ort, zu denen bis vor Kurzem Discovery Chanel zählte, sondern vor allem in den „weichen“ staatlichen Einrichtungen für Soziales, Ernährung, Familie, etc. Dies erklärt den eher liberal-demokratischen Anstrich der Stadt im Gegensatz zu den vorwiegend republikanisch orientierten Städten im Norden Virginias. Die dortigen Arbeitsplätze seien häufig im Umfeld des Nahen Pentagons zu verorten.

Das gesellschaftliche Zentrum von Silverspring selbst ist ein Einkaufszentrum mit dem prägnanten Namen „Downtown Silver Spring“, das im Laufe der Zeit immer wieder umgebaut wurde. Hierbei ist es gelungen, eine durchaus charmante Anlage zu gestalten, die einige Cafés und einen verkehrsberuhigten Bereich aufweist. Sogar einen Wochenmarkt mit regionalen Produkten und handwerklich hergestellten Brot gab es. Aus europäischer Perspektive verwundert, dass das Center selbst wie eine historische Sehenswürdigkeit in seiner Genese auf Tafeln mit Fotos und erläuternden Texten vorgestellt wird. Aufgrund der zentralen Bedeutung im Alltagsleben der Bewohner der Stadt, erscheint dies aber gerechtfertigt.

Bewegt man sich nur wenige hundert Meter vom Zentrum weg, stößt man auf sehr unterschiedliche Wohngebiete. Dies sind einerseits in Laufeweite zur Metro Neubauten mit einzelnen Apartments, die vorwiegend von Young Professionals wie Assistenten von Abgeordneten genutzt werden.

American Dream
Reihenhäuser als jüngere Entwicklung

Der American Dream vom Einzelhaus mit Auffahrt, eigenem Auto zeigt sich direkt eine Straße weiter. Und wiederum in Sichtweite davon zeigt sich dessen subtilere, moderne Form: Reihenhäuser, bei denen das Auto nicht mehr direkt vor dem Haus gezeigt, sondern in einer Garage darunter versteckt wird.

Eine wesentlich größere räumliche Ausdehnung umfasst hingegen das weitläufige Viertel der oberen Bevölkerungsschicht. Hier waren wir nicht nur Beobachter, sondern wurden auch intensiv beobachtet und befragt. Eine Gruppe deutscher Geographen wurde mit einer hinter Freundlichkeit verstecken Skepsis und Vorsicht begrüßt. Das ständige Fragen („what are you doing here?“) führte so sogar zur Zufallsbekanntschaft mit einem Historiker, der zu diesem Teil Silversprings geforscht hat. Er erläuterte, dass es sich um kein einheitliches Development, sondern um individuelle Bauten auf den von einem Farmer verkauften Flächen handele. Dies erkläre die überaus unterschiedlichen architektonischen Stile der einzelnen Häuser.

Nach dem ausgedehnten Rundgang durch Silver Spring wurde der Hunger im Tastee Diner gestillt. Es handelt sich um ein Bistro, wie es als transportables Diner früher überall in den USA entlang von Highways typisch war. Durch zahlreiche Anbauten ist es auf eine stattliche Größe angewachsen. Auf der Speisekarte standen diverse Burger, Pancakes, Meatloaf und natürlich Pommes.

Den Abschluss bildete der Faktor Migration. Die Stadtgesellschaft von Silver Spring sei durch mehrere nationale Minderheiten geprägt, von denen Äthiopier eine besonders prominente Rolle einnehmen. Ein Mural vor dem Kefa Café illustriert dies nicht nur, sondern hat es bis auf die Titelseite eines geographischen Lehrbuchs geschafft.

Mural…
…und geographisches Lehrbuch

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