Der letzte Tag unserer Exkursion zur bayrisch-tschechischen Grenzbeziehung bricht an und wir machen uns von Prag auf nach Pilsen. Die Stadt, die vor allem durch das nach ihr benannte Bier bekannt ist, hat durchaus noch andere interessante Fakten für uns auf Lager.
Karla Stánková begrüßt unsere Gruppe in einem Saal der Philosophischen Fakultät der hiesigen Universität. Die gebürtige Pilsenerin erzählt mit viel Stolz von der Arbeit der IHK Regensburg und der zugehörigen Auslandsrepräsentanz in Pilsen.
Und es ist Einiges, was die gerademal zwei Mitarbeiter hier zu tun haben.
Über die regulären Aufgaben der Handelskammer, wie Vermittlung von Handelspartnern, die Suche nach Ansprechpartnern und Hilfe bei den behördlichen Reglements, ist die Betreuung des grenzüberschreitenden Wirtschaftsraum Oberpfalz-Pilsen die wichtigste Arbeit der zwei Mitarbeiter. Und bei über 53 Milliarden € Wirtschaftsleistung in diesem Gebiet mehr als zu verstehen. Allerdings erstaunt mich das Ungleichgewicht in der Verteilung dieser Gewinne. Nur 8 Mrd € werden in der Region Pilsen erwirtschaftet, der Rest geht nach Deutschland.
Ebenfalls verwundert mich die Tatsache, dass Investoren für die Region abgelehnt werden müssen. Schon dreimal im vorigen Jahr mussten Unternehmen abgewiesen werden, weil schlicht und einfach die Arbeitskräfte fehlen. In Tschechien herrscht die in Deutschland so hochgelobte und begehrte Vollbeschäftigung. Neue Unternehmen haben es dementsprechend schwer, Arbeitskräfte zu finden, wenn sie diese nicht von anderen Betrieben abwerben wollen.
Und als Deutscher ist man natürlich auch eher weniger gewillt, sein Heimatland für die Arbeit zu verlassen. Noch dazu, weil man womöglich die Sprache gar nicht beherrscht.
Trotzdem gibt es rund 16.000 tschechische Arbeitnehmer im Grenzraum zu Deutschland. Laut Frau Stánková ist ein grenzüberschreitender Arbeitsplatz für Tschechen in Deutschland überhaupt kein Problem. Was mich wundert. An unserem ersten Ausflugsziel der 3-Tages-Tour, der MMM Group in Schönsee, hatten die Geschäftsleiter behauptet, einen tschechischen Mitarbeiter in Deutschland zu beschäftigen wäre ein nicht zu verachtender Mehraufwand an Bürokratie. Laut ihnen wäre es ausgesprochen schwierig, einen ausländischen Mitarbeiter zu beschäftigen und hätten deswegen nur deutsche Arbeiter unter Lohn. Mich beschleicht da ein Gefühl des Misstrauens gegenüber diesen Geschäftsleuten.
Zum Abschluss kam noch die Sprache auf Dinge wie Dieselverbote oder den Brexit. Frau Stánková war hier sehr eindeutig in ihrer Aussage, dass Dieselverbote wie in Deutschland nicht einmal in den Überlegungen der Tschechen angekommen wären. Das wäre undenkbar, auch in weiterer Zukunft. Dagegen äußerte sie sich sehr besorgt über die Debatten über einen Tschexit. Ihrer Meinung nach wäre es nicht genug diskutiert worden, was so ein Austritt aus der EU für die Bevölkerung bedeuten würde. Da stimme ich ihr völlig zu. So ein Austritt aus einem derart großen Machtgefüge wie der Europäischen Union muss lange und ausgiebig debattiert und von allen Seiten beleuchtet werden, bevor man eine Entscheidung treffen kann.
Insgesamt fand ich den Vortrag dahingegen interessant, dass mir nicht klar war, dass es zwischen den Unternehmen und den Behörden noch eine zwischengeschaltete Institution gibt, die alles koordiniert und beiderseitiger Ansprechpartner ist.
Autorin: Nicola Zips